Insolvenzreife – Hinweispflicht des Steuerberaters

Ein Steuerberater, der mit der Erstellung der Bilanzen einer Gesellschaft beauftragt ist, muss nicht ohne Weiteres auf eine etwaige Insolvenzreife hinweisen (BGH vom 06.02.2014, IX ZR 53/13).

BildIst eine juristische Person (z.B. GmbH, AG, Verein) zahlungsunfähig oder überschuldet, sind die Vertretungsorgange gemäß § 15 a InsO verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen Insolvenzantrag einzureichen. Anderenfalls machen sie sich strafbar, zudem sind sie verpflichtet, gemäß § 64 GmbH der Gesellschaft Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar waren, zurück zu erstatten. Dieser Anspruch wird dann im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter geltend gemacht.

Die Geschäftsführer einer GmbH o.ä., die ein solches Aufforderungsschreiben des Insolvenzverwalters erhalten haben oder aber sich strafrechtlich wegen Insolvenzverschleppung verantworten müssen, sind oft erstaunt. Sie haben sich in dieser Frage auf den Steuerberater verlassen, der die Bilanzen erstellt und ggf. auch die Buchführung erledigt hat, und sind davon ausgegangen, dass dieser sie auf eine Insolvenzreife hinweist. Ich muss solchen Mandanten regelmäßig mitteilen, dass dieses Vertrauen unbegründet war. Denn ein Steuerberater, der lediglich für die Bilanzen zuständig ist, muss ohne besonderen Anlass nicht auf eine bestehende Insolvenzreife hinweisen. Dies hat der BGH in seinem Beschluss vom 06.02.2014, IX ZR 53/13, nochmals ausdrücklich bestätigt. Diese kann er aus den Buchhaltungsunterlagen ohnehin nicht erkennen, vielmehr grob gesagt eine Prüfung der zu erwartenden Einnahme und Ausgaben der nächsten drei Wochen vorzunehmen. Besteht hier eine Unterdeckung von 10 %, besteht Insolvenzantragspflicht. Diese Prüfung kann ein Steuerberater anhand der nachträglich zur Verfügung gestellten Unterlagen ohnehin nicht vornehmen. Auch die Überschuldung lässt sich aus einer handelsrechtlichen Bilanz nicht ohne weiteres erkennen, da diese unter Ansatz von Fortführungswerten erstellt wird.

Allerdings ist ein Steuerberater verpflichtet, in besonderen Fällen darauf hinzuweisen, dass eine Prüfung der Insolvenzreife notwendig ist, und er hierfür einen weiteren Auftrag benötigt bzw. falls er diese Prüfung nicht selbst vornehmen kann oder möchte, ein anderer einen Auftrag erhalten muss. In dem entschiedenen Fall war es so, dass es eine Besprechung mit der Geschäftsführerin der GmbH gab, in der konkret um eine etwaige Insolvenzreife ging. Der Steuerberater wies gleichwohl nicht darauf hin, dass hierfür eine weitere Prüfung erforderlich ist, sondern erteilte allgemeine Hinweise. Hierin erkannte der BGH eine Verletzung der Nebenpflichten aus dem Steuerberatungsvertrag.

Im Ergebnis führte dies in dem konkreten Fall dann aber doch nicht dazu, dass der Steuerberater der Geschäftsführerin der von ihm beratenten GmbH aus von dieser abgetretenem Recht Schadenersatz für die Zahlungen leisten musste, dies diese ihrerseits an den Insolvenzverwalter unter Berufung auf § 64 GmbHG entrichtet hatte. Denn die Geschäftsführerin war selbst Diplom-Volkswirtin und wurde in strafrechtlicher Sicht zusätzlich von ihrem Ehemann, einem Anwalt, der in gleicher Sozietät mit dem Steuerberater tätig war, beraten. Das Oberlandesgericht hatte daher unterstellt, dass der Geschäftsführerin die Notwendigkeit einer weiteren Prüfung der Insolvenzreife selbst bekannt war, so dass der fehlende Hinweis nicht zu einer Haftung des Steuerberaters führte.

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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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