„Waxing“ ist die Ideologie der Sportficker.

Ein Kulturwissenschaftler zum Boom der Epilation

"Waxing" ist die Ideologie der Sportficker.

Jetzt ist wieder Sommer und man(n) zeigt Haut. Schon wieder steht die Frage im Raum: Rasieren oder wachsen lassen. Die 80er Jahre Nena-Generation mit üppiger Achselbehaarung scheint passé. Seit „Sex and the City“ sind wir auch über die unterschiedlichen Formen der Bikinibehaarung informiert, aber wie steht es um den Mann? Wir haben einen Soziologen zu diesen Trends befragt.

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Herr Dr. Szabo, Hand aufs Herz, rasieren Sie Ihre Körperbehaarung?

Sacha Szabo: [schweigt kurz] Auch für mich eine intime Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist und jetzt, wo Sie fragen, fällt mir meine eigene Indifferenz auf. Kopfbehaarung mag ich kurz, hingegen ist ein Dreitagebart okay, aber die Augenbrauen sind wiederum gezupft. Die Brustbehaarung wird rasiert, aber Bein und Armbehaarung lasse ich, wie sie ist. Sie merken, der Konflikt „rasiert oder behaart“ geht auch quer über meinen Körper.

Warum erlebt das Rasieren denn überhaupt so einen Boom?

Sacha Szabo: Die Epilation war immer ein kultureller Akt, der einer bestimmten Vorstellung folgte. Das zieht sich vom alten Ägypten über den arabischen Kulturraum und kommt nun über Amerika im Westen an. Vordergründig wird gerne mit Hygiene argumentiert, wobei Hygiene immer auch ein politischer Begriff ist.

Wie meinen Sie das?

Sacha Szabo: Nehmen wir die Hippiebewegung der sechziger und die Freakbewegung der siebziger Jahre, die sich als antikapitalistisch verstanden und gegen die Entfremdung ihrer Lebenswirklichkeit protestierten. Dort wucherten die Haare wild in alle Richtungen. Die Sexfiebel dieser Jahre „Joy of Sex“ propagiert geradezu den behaarten Körper, der den eigenen Körperduft ausströmt. Der Kuss in die behaarte Achsel wird zur Revolte. Eine Vorstellung, bei der uns heutzutage schaudert.

Was ist denn das heutige Bild

Sacha Szabo: Wir folgen dem Bild eines gepflegten, hygienischen Körpers, der im Übrigen auch nicht natürlich duften darf, sondern deodoriert werden muss. Auf diesem Körper, dessen Ästhetik sich durch die Hervorhebung definierter Muskelstärke stark an Maschinen orientiert, darf nichts mehr natürlich sein. Körperbehaarung ist das Naturhafte, das es zu verdrängen gilt. Damit steht der Körper in der Tradition der Naturbeherrschung des Menschen an sich selbst, die Grundlage der Technisierung ist.

Wie kommt es zu dem Boom der Epilation der letzten Jahre?

Sacha Szabo: Ein großer Einfluss kommt über die US-amerikanischen Serien. Beispielhaft sei hier „Sex and the City“, „Desperade Housewives“ oder „How I meet your Mother“ genannt. In allen diesen Serien wird ein Feldzug gegen Wildwuchs geführt.

Wie erklären Sie sich das?

Sacha Szabo: Dies hängt mit der Rolle der Sexualität im nordamerikanischen Raum zusammen. Sexualität wird – so meine Wahrnehmung – dort stark von der Lust und der Ekstase getrennt. Sex ist in erster Linie Leistung oder wie es Tyler Durden in „Fight Club“ nennt, es ist Sportficken. Im Sport sehen wir im Übrigen akribisch epilierte Körper, wie jetzt bald wieder bei der Tour de France. Wird Sex von der Leidenschaft und dem Rauschhaften gelöst, verschwindet auch das Geheime, das Verbotene, das Wilde, eben das Naturhafte. Die Lust des Sexes wird nun mit dem Schmerz des Waxings erkauft. Um es in einen Satz zu fassen: „Waxing“ ist die Ideologie der Sportficker

Sie sagen der Schmerz gehört dazu?

Sacha Szabo: Es scheint eine Art vorweggenommene Bestrafung zu sein. Leiden für die Lust und es heißt ja auch „Wer schön sein will, muss leiden“. Aber man kann natürlich auch dem Schmerz etwas Lustvolles abgewinnen, dann könnte es heißen „Schönheit gibt es nur im Leid“.

Wie bedeutet das Epilieren für Männer?

Sacha Szabo: Nun, die Kunst der Rasur ist ja eine uralte Kulturtechnik, die jetzt wieder eine Renaissance erlebt, wenn man die Ornamente ansieht, die in die Bärte hineingeschoren werden. Relativ neu ist, dass Männer auch ihre Körper epilieren. Noch in den siebziger und achtziger Jahren galt eine behaarte Brust als männlich, man denke etwa an das Cosmopolitan Cover mit Burt Reynolds oder an die James Bond Filme dieser Jahre. Heutzutage gilt die Kultiviertheit als männlich. Zum einen hat dies etwas mit dem metrosexuellen Männerbild zu tun und zugleich demonstriert es die Disziplin, die ein Mann aufzubringen bereit ist. Disziplin wiederum ist in einer hochkontrollierten Gesellschaft von hoher Attraktivität, da es sozusagen deren Primärtugend ist und gilt deshalb als männlich.

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